Schloss Heiligenberg

Schloss HeiligenbergZum Abschluss unserer diesjährigen „Wandertage“ folgt noch ein südhessisches Juwel, das Schloss Heiligenberg auf dem Heiligenberg bei Jugenheim (Landkreis Darmstadt-Dieburg).

Der Anstieg von Jugenheim aus erfolgt auf der

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Da deucht es die kundige Leserschaft dieses Blogs sicher gleich, dass Geschichtliches sich nicht wird vermeiden lassen. Und so ist es denn auch. Auf dem Hinweg nehmen wir die Fahrstraße, vorbei an der Bergkirche Jugenheim, sehr bequem.

Bergkirche Jugenheim Foto: Rudolf Stricker
Bergkirche Jugenheim
Foto: Rudolf Stricker

Bis wir oben angekommen sind, wissen wir durch unseren wie immer perfekt vorbereiteten Kollegen Emrich schon einiges über die spannende Familiengeschichte im Hintergrund:

Erworben von Wilhelmine (frühere Prinzessin von Baden), der Frau des Großherzogs Ludwig II, die die frühere Gutsanlage auf dem Heiligenberg  1831 nach Plänen des Darmstädter Architekten  Moller zu ihrem Sommerwohnsitz ausbauen ließ. Wir werden uns nicht beteiligen an den Spekulationen über Ursachen und Verantwortlichkeiten für die Zerrüttung der großherzoglichen Ehe.

DSCN8789Fakt ist aber wohl, dass Wilhelmine ohne ihren Ehemann auf das Schloss Heiligenberg zog, wo sie mit ihrem Kämmerer August Freiherr von Senarclens de Grancy lebte und diesem drei Kinder gebar, die Ludwig II als seine eigenen anerkannte (zwei hatten sie zuvor gemeinsam).

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Brunnen im Hof

Unter diesen drei Kindern war auch Marie, die dem Zarewitsch Alexander, der Deutschland auf Brautschau bereiste, sehr gut gefiel. Dummerweise war sie da erst 14 Jahre. Also wartete der spätere Zar Alexander II, bis Marie 17 war und heiratete sie dann 1841 in St. Petersburg.

Mit seiner Schwester Marie war ihr Bruder Alexander nach Russland gegangen und machte dort militärische
Karriere. Weil er sich jedoch in eine Hofdame  seiner Schwester, Gräfin  Julia Hauke, verliebte, verließ er heimlich mit seiner (damals vermutlich schon schwangeren) Geliebten vom Zarenhof. Beim Zaren, der ihm eher eine russische Großfürstin zugedacht hatte, fiel er daraufhin in Ungnade und wurde sogar degradiert. 1851 heiratete er Julia in Breslau.

Ein Leben ‚bei Hofe‘ in Darmstadt und eine Erbfolge waren nach dieser morganatischen (nicht standesgemäßen) Heirat ausgeschlossen. Ihr Schwager, der Großherzog Ludwig III, verlieh ihr immerhin Titel und Wappen einer Gräfin von Battenberg.

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Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1851

DSCN8790Sieben Jahre später erhob der Großherzog Julia zur „Fürstin von Battenberg“. Das Paar war auf das Schloss Heiligenberg gezogen (das ihnen Ludwig III später überschrieb), bekam fünf Kinder und begründete die (neue) Linie Battenberg.

Von den Kindern sollen hier nur erwähnt werden zum einen Ludwig Alexander von Battenberg, der in Großbritannien eingebürgert und später zum Ersten Seelord wurde. Nach dem ersten Weltkrieg legte er alle hessischen Titel und Würden ab und nannte sich Mountbatten.

Sein Sohn Louis Mountbatten wurde Vizekönig von Indien und 1. Earl Mountbatten of Burma. Das also ist der Namensgeber der Straße hoch zum Schloss Heiligenberg!DSCN8787

Sein Enkel Prinz Philip von Griechenland heiratete 1947 die spätere Königin Elisabeth II und nahm ebenfalls den Namen Mounbatten an.

Zum anderen soll erwähnt werden Alexander von Battenberg, der von 1879 bis 1886 als Alexander I Fürst von Bulgarien war.

Bei so vielen verwandtschaftlichen Kontakten nahm es nicht wunder, dass auch die hohe Politik sich auf Schloss Heiligenberg traf. So kam es 1875 zu einem Gipfeltreffen von Kaiser Wilhelm I, Zar Alexander II und dem Erzherzog Albrecht von Österreich auf dem Heiligenberg.

Nun aber schnell in die Gegenwart (wem das bisher schon zu viel Geschichte war, dem sei der Hinweis gegeben, dass ich mir die Bezüge zum spanischen, schwedischen und griechischen Königshaus – zugegeben: mühsam – verkniffen habe…).

Heut wird das Gelände auf dem Heiligenberg von der rührigen Stiftung Heiligenberg Jugenheim verwaltet, der das Land Hessen die Nutzung übertragen hat. Ihre Homepage informiert sehr informativ über Geschichte und gegenwärtige Nutzungsmöglichkeiten (Konzerte, Kunst und Kultur, Tagungen, Feierlichkeiten usw.).

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Ballustrade der Linden-Terrasse, bewirtschaftet, Blick bis zur Rheinebene

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DSCN8814Die Bewirtschaftung erfolgt seit dem Auszug des Hessischen Institutes für Lehrerfortbildung durch Annettes Gastronomie – sehr empfehlenswert!

Auch feiern kann man dort sehr schön, sei es in einem festlichen Saale, sei es draußen, wenn das Wetter so gut ist wie bei unserem Besuch.

Russenhaus

 

 

 

 

 

 

Im benachbarten „Russenhaus“ war früher das Personal der besuchenden Zarenfamilie untergebracht. Heute ist es frisch renoviert und dient als Info-Zentrum und Museumsshop. Dort findet sich auch eine Ahnengalerie der Fürsten von Battenberg.

Zur Eröffnung des schmucken Hauses brachte die FAZ einen ausführlichen Artikel.

Marie und Alexander
Ahnengalerie der Fürsten von Battenberg
Alexander Prinz von Battenberg, Fürst von Bulgarien

Auch das Gelände rundherum weist noch Sehenswertes auf. Vom Brunnen mit Sinnspruch über den 200 m langen Laubengang, der zur Ruine der früheren Klosterkirche führt, bis zu Naturdenkmal Zentlinde, die auf 800 – 1000 Jahre geschätzt wird. Vom 13. bis zum 16. Jahrhundert wurde unter ihr Recht gesprochen.

Labor omnia vincit improbus (Mühsame Arbeit besiegt alles)
Laubengang
Kapellenruine
Zentlinde

Schließlich kommen wir zum Wahrzeichen Jugenheims. Das Goldene Kreuz auf schwarzem Sockel wurde zur Erinnerung an die im Alter von 48 Jahren verstorbene Großherzogin Wilhelmine von ihren Kindern an deren Lieblingsplatz errichtet. Es leuchtet weit über die Bergstraße bis zur Rheinebene.

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Das Mausoleum im Hintergrund diente ursprünglich als Grablege für die Stammeltern der Battenbergs. Inzwischen sind Prinz Alexander von Hessen und bei Rhein und seine Frau Prinzessin Julie von Battenberg im früheren Kreuzgarten, unterhalb des Goldenen Kreuzes begraben.

Und damit beenden wir unsere diesjährigen Unternehmungen, bei denen wir – Michael Saenger und ich – mal wieder mächtig viel gesehen und gelernt haben – Dieter Emrich sei Dank!

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